GAP-Reform 2023: Förderung oder Ökopunkte - oder geht sogar beides?

February 8, 2023
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Konditionalität bestimmt die Zweisäulenstruktur

Die Struktur der neuen GAP-Reform (Gemeinsamen Agrarpolitik der EU) umfasst wie zuvor auch ein Zweisäulenprinzip, jedoch mit höheren Auflagen für die Erhaltung der Direktzahlungen aus Säule 1 und einer jährlich zunehmenden Förderung für Agrarumwelt-und Klimamaßnahmen (AUKM) der Säule 2. An der Herkunft der Finanzierung ändert sich weiter nichts. Die Finanzierung für die erste Säule wird weiterhin aus den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) kommen und durch die Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sowie den nationalen Mitteln für die Länder wird die zweite Säule finanziert.

Neu ist, dass mit der GAP 2023 die beiden Blöcke der „Cross-Compliance“ Vorschriften GAB (Grundanforderungen an die Betriebsführung)und GLÖZ (Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand) mit den zuvor freiwilligen „Greening“-Maßnahmenzusammengeführt werden und zusammen die verpflichtende „Konditionalität“ bilden. Auch neu ist, dass nun freiwillige Maßnahmen im Bereich des Naturschutzes, die sogenannten Öko-Regelungen, in der ersten Säule hinzugekommen sind.

Über die Laufzeit der GAP von 2023 bis 2027 wird die Umschichtung der Fördermittel, von Säule 1 in Säule 2 jährlich erhöht. Zu Beginn der neuen GAP betrug diese Umschichtung 10% und wird bis 2027 auf bis zu 15% ansteigen. Somit reduziert sich jährlich die Unterstützung für Landwirte für verpflichtende Maßnahmen und die Förderung für freiwillige Maßnahmen zum Schutz von Klima-,Umwelt- und Arten werden verstärkt bezuschusst.

Grafik zur Säulenstruktur der GAP ab 2023

Direktzahlungen für die Landwirtschaft – Säule 1 (verpflichtend)

Die erste Säule der GAP dient in erster Linie zur „Einkommensgrundstützung“ der Landwirt*innen. Durch die Umstrukturierung der Direktzahlungen erhöhen sich vor allem die Förderungen für Junglandwirt*innen sowie für kleinere und mittlere Landwirtschaftsbetriebe. Diese zusätzlichen Mittel kommen aus einer Kürzung der Basisprämie. Diese soll nach ersten Angaben von 171€/ha in der Übergangsperiode 2021/22 auf 155€/ha in 2023 und 2024 sinken.

Durch den Zusatz der freiwilligen Öko-Regelungen sollen innerhalb der ersten Säule nun auch zusätzliche ökologische Förderschwerpunkte geschaffen werden.

GLÖZ -Standards - Säule 1 (verpflichtend)

Landwirte müssen unter der neuen GAP, wenn sie die neue Einkommensgrundunterstützung für Nachhaltigkeit, ehemals Basisprämie, erhalten wollten, die 9 GLÖZ Standards einhalten.

-         GLÖZ 1: Erhaltung von Dauergrünland (§2-9 GAPKondV)

-         GLÖZ 2: Mindestschutz von Feuchtgebieten und Mooren(§11-13 GAPKondV)

-         GLÖZ 3: Verbot des Abbrennens von Stoppelfeldern(§14 GAPKondV)

-         GLÖZ 4: Schaffung von Pufferstreifen entlang von Wasserläufen (§15 GAPKondV)

-         GLÖZ 5: Bodenbearbeitung zur Begrenzung von Erosion(§16 GAPKondV)

-         GLÖZ 6: Mindestanforderungen an die Bodenbedeckungen in den sensibelsten Zeiten (§17 GAPKondV)

-         GLÖZ 7: Fruchtwechsel auf Ackerland (§18GAPKondV)

-         GLÖZ 8: Mindestanteil von nichtproduktiven Flächen und Landwirtschaftselementen an Ackerland (§19-23 GAPKondV)

-         GLÖZ 9: Umweltsensibles Dauergrünland (§24-28 GAPKondV)

Wenn sie weiter Informationen zu den einzelnen Standards suchen, empfehlen wir Ihnen das PDF des Landkreises Havelland zu den GLÖZ-Standards.

Öko-Regelungen – eco-scheme  - Säule 1 (freiwillig)

Der Anteil der Öko-Regelungen an den Direktzahlungen beträgt ab 2023 23%, zusätzlich kommen aber auch noch Gelder aus Säule 2  für die Agrarförderung mit einem Anteil von 2% hinzu. Zwar sind die Öko-Regelungen, auch eco-schemes genannt, in Säule 1 angesiedelt, sie sind jedoch eine rein freiwillige Maßnahme. Die Förderungsgelder der Öko-Regelungen haben eine jährliche Laufzeit und müssen damit zu jedem Jahr neu beantragt werden.

Die sieben Ökoregelungen sind Folgende:

1. Bereitstellung von Flächen zur Verbesserung der Biodiversität und Erhaltung von Lebensräumen durch:

(1a) Erhöhung des Anteils der nicht produktiven Flächen über den durch GLÖZ 8 geförderten Anteil von 4% hinaus bis zu einem Anteil von 10% (also bis zu 6% zusätzlich).

Für die verschiedenen Stufen sind folgende Einheitsbeträge geplant:

  • Stufe 1: ab 1% zusätzlichem Anteil: 1.300€/ha
  • Stufe 2: ab 2% zusätzlichem Anteil: 500€/ha
  • Stufe 3: ab 3% (bis zu6%) zusätzlichem Anteil: 300€/ha

(1b) Blühstreifen oder -flächen auf Flächen die unter (1a) fallen: 150€/ha

(1c) Blühstreifen oder -flächen in Dauerkulturen: 150€/ha

(1d) Altgrasstreifen oder -flächen in Dauergrünland: (Anlage 5 Nummer 1.4 GAPDZV)

  • Stufe 1 - bis 1% der Dauergrünlandfläche: 900€/ha
  • Stufe 2 - von 1-3% der Dauergrünlandfläche: 400€/ha

2. Stufe 3 - von 3-6% der Dauergrünlandfläche: 200€/ha Anbau vielfältiger Kulturen mit mindestens fünf Hauptfruchtarten im Ackerbau einschließlich des Anbaus von Leguminosen mit einem Mindestanteil von 10 Prozent: 45€/ha

3. Beibehaltung einer agroforstlichen Bewirtschaftungsweise auf Ackerland und Dauergrünland: 60€/ha

4. Extensivierung des gesamten Dauergrünlands des Betriebs: 2023: 115€/ha, ab 2024: 100€/ha

5. Ergebnisorientierte extensive Bewirtschaftung von Dauergrünlandflächen mit Nachweis von mindestens vier regionalen Kennarten: 2023/24: 240€/ha; 2025: 225€/ha; 2026: 210€/ha

6. Bewirtschaftung von Acker- oder Dauerkulturflächen des Betriebes ohne Verwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln:

  • Stufe 1 – Sommergetreide (inkl. Mais), Leguminosen, einschließlich Gemenge (kein Ackerfutter), Sommer-Ölsaaten, Hackfrüchte und Feldgemüse: 2023: 130€/ha; 2024: 120€/ha; 2025/26: 110€/ha
  • Stufe 2 – Gras oder anderen Grünfutterpflanzen, sowie Leguminosen, einschließlich Gemenge das als Ackerfutter benutzt wird: 50€/ha

7. Anwendung von durch die Schutzziele bestimmten Landbewirtschaftungsmethoden auf landwirtschaftlichen Flächen in Natura 2000-Gebieten: 40€/ha

Tabelle mit Zahlen zur Prämienübersicht der Direktzahlungen

Stilllegung von Ackerfläche unter der neuen GAP?

Wie bereits erwähnt, sind der gute landwirtschaftliche und ökologische Zustand der Flächen (GLÖZ) und die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) einzuhalten, um die Einkommens-grundstützung für Nachhaltigkeit, zu erhalten. Das ist über die sogenannte Konditionalität geregelt. Hierrunter fällt auch GLÖZ 8. Die Vorgaben zur verpflichtenden Stilllegung wurden für die neue GAP 2023 abgewandelt.

Ab diesem Jahr ist auf den 4 % verpflichtender Stilllegung der Anbau von Getreide (ohne Mais), Sonnenblumen oder Leguminosen (ohne Soja) zulässig. Sofern der Betriebsinhaber von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, kann die freiwillige Öko-Regelung 1a nicht beantragt werden. Darüber hinaus dürfen Brachen, die in 2021 und 2022 auf derselben Fläche codiert waren, nicht umgebrochen werden. Diese müssen auch in 2023 wieder als Brache codiert werden.

Ab 2024 ist der Mindestanteil von 4 % Stilllegung der Ackerfläche eines Betriebes einzuhalten. Diese Flächen müssen nach der Ernte der Hauptkultur direkt der Selbstbegrünung überlassen oder aktiv begrünt werden. Eine Reinsaat aus landwirtschaftlichen Kulturen wird dabei nicht als aktive Begrünung gewertet. Angerechnet werden Brachen mit einer Mindestparzellengröße von 0,1 ha. Die Bodenbearbeitung und der Dünge- und Pflanzenschutzeinsatz sind auf diesen Flächen verboten. Ein Mahd- und Mulchverbot gilt vom 1.4. bis 15.8. Ab dem 01.09. kann die Aussaat/ Pflanzung einer Kultur, die erst im Folgejahr zur Ernte führt, erfolgen. Abweichend davon kann mit der Aussaat von Winterraps und Wintergerste ab dem 15.08. begonnen werden. Ausgenommen von der Stilllegung sind Betriebe mit weniger als 10 ha Ackerland und Landwirte, die auf mehr als 75 % ihres Ackerlandes Gras-/Grünfutter, Brachen, Leguminosen oder einer Kombination der genannten Kulturen bzw. auf mehr als 75 % der beihilfefähigen Fläche DGL anbauen. Landschaftselemente als Bestandteil der förderfähigen Fläche können ebenfalls auf die Stilllegung angerechnet werden. Gewässerrandstreifen (GLÖZ 4), die stillgelegt werden, können auch angerechnet werden, soweit sie die Mindestparzellengröße von 0,1 ha erreichen.

Das Ökopunkte Modell und Doppelförderungsausschluss

In Deutschland existiert bereits ein Konzept, welches Landwirte entlohnt, wenn sie im Sinne der Umwelt wirtschaften, etwa mit Grünlandflächen oder Mischkulturen, ähnlich der neuen europäischen Öko-Regelungen. Ökopunkte werden erzeugt, wenn Landwirte Naturraum aufwertende Maßnahmen auf ihren Flächen durchführen. Diese Ökopunkte kann der Flächeneigentümer daraufhin zu einem beliebigen Zeitpunkt veräußern. Durch dieses Konzept kann jeder Landwirt / Flächeneigentürmer, alternative Einkommensmöglichkeiten auf seinen Flächen schaffen, wodurch die Vermarktung von Ökopunkten besonders auf Grenzertragsstandorten lukrativ ist.

Was sind die Vorteile vom Ökopunkte Modell gegenüber der GAP?

Beide Maßnahmen Regelungen sind freiwillig, allerdings beschränken sich die Öko-Regelungen auf die 7 bereits genannten Maßnahmen, welche zusätzlich jedes Jahr neu beantragt werden müssen. Während wenn ein Landwirt mit einer Fläche Ökopunkte generiert, werden diese verzinst und können auch erst zu einem späteren Zeitpunkt in Geld umgewandelt werden. Zudem sind Landwirte bei Fläche die für die Generierung von Ökopunkte genutzt werden etwas freier in der Wahl ihrer Gestaltung.

Können Flächen gleichzeitig durch Mittel der GAP 2023 finanziert werden und zusätzlich Ökopunkt generieren?

Eine Doppelförderung ist laut EU bei den Öko-Regelungen ausgeschlossen. Das heißt es muss eine klare inhaltliche Abgrenzung von mit EU-Mitteln geförderter Maßnahmen von solchen geben, die aus weiteren öffentlichen Finanzmitteln gefördert werden. Bei der Förderung nach den GAP-Standards kommt es vor allem auf die Definition von “förderfähiger Hektarfläche” an, diese wird den Mitgliedsstaaten überlassen. Sie beschränkt sich vor allem nicht nur auf landwirtschaftliche Fläche, sondern auch auf Tätigkeiten, die darüber hinaus gehen, wie etwa die verstärkte Pflege von Dauerweiden oder die Wiederbefeuchtung von Torfgebieten.

Auch sollen landwirtschaftliche Flächen nicht den Anspruch auf die Direktzahlungen verlieren, wenn darauf im Rahmen von Unions- oder nationalen Regelungen, Maßnahmen erhoben werden, die zur Erreichung eines oder mehrerer umwelt- und klimabezogener Ziele der Union beitragen. Jedoch ist auch der Ökopunkt laut Bundesnaturschutzgesetz als Ausgleichs-oder Ersatzmaßnahme § 16 Abs. 1 Nr. 3 von einer Doppelförderung ausgeschlossen. Wird eine Fläche mit Ökopunkten anerkannt, so dürfen auf dieser keine weiteren öffentlichen Mittel in Anspruch genommen werden.

Das bedeutet, dass nach dem aktuellen Stand (Februar 2023), sich Landwirte zwischen einer EU-Förderung über die Öko-Regelung und dem Ökopunktesystem entscheiden müssen. Wie auch die Direktzahlungen der EU, stellt der deutsche Ökopunkt eine alternative Einkommensquelle für Landwirte dar. Er bietet Landwirten eine Erweiterung der Öko-Regelungsmaßnahmen an und eine gewisse Flexibilität in der Umsetzung. Wie letztendlich jedoch die genaue Interaktion zwischen dem deutschen Ökopunktesystem und den Öko-Regelung, vor allem in den einzelnen Bundesländern, aussieht ist von Seitens der Bundesregierung noch nicht genauer definiert worden.

Blogbeitrag zuletzt bearbeitet am
15.2.2023